Myanmar

Besser bekannt als Burma

Mit gemischten Gefühlen und hoffentlich genügend Dollars (in Myanmar gibts keine Geldautomaten, Kreditkarten können nicht oder höchst selten gebraucht werden) steigen wir in Bangkok in den Air Asia Flieger nach Myanmar (Birma/Burma). Was erwartet uns wohl in diesem vom Militär regierten Land? Erst einmal extrem freundliche Immigration-Beamte ("This is Rita") und dahinter ein lächelnder, zurückhaltender Hotelangestellter, der einen Paul abholen will. Auch wir fahren mit. Später finden wir heraus, dass er wohl jeden Tag diesen Paul abholt. Und was macht eigentlich ein Hotelangestellter zwischen Passkontrolle und Zollabfertigung??? Auch die Kameras im Hotel verwirren uns und so fragen wir uns, ob wir wohl in einem staatlichen Hotel gelandet sind? Myanmar-Kenner wissen, dass man nach Möglichkeit private Dienstleistungen beanspruchen sollte, da man damit die Bevölkerung am besten unterstützen kann. Aus diesem Grund haben wir bis auf eine Ausnahme auf den Zug verzichtet und sind stattdessen mit dem Bus gereist.

Erste Eindrücke - Yangon
Im Auto vom Flughafen zum Hotel ist irgend etwas komisch. Die fahren wie wir in der Schweiz auf der rechten Seite. Aber das Lenkrad, das ist auch auf der rechten Seite. So muss stehts einer mitfahren und kuken, ob überholt werden kann.
Bei unserem Yangon-Besichtigungsspaziergang tönt es von überall her "hello"-"how are you"-"Where are you from". Kinder winken und lächeln und wenn wir in ein Strassenresti sitzen werden die Stühle zurechtgerückt, der Tisch abgewischt und schon stehen 3-4 Leute zur Bedienung da. Ist es wohl so wenn man berühmt ist?
Männer laufen in ihren langen Röcken (Longhis) umher und die meisten kauen Betel. Diese Nuss, die es in verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt, ist in ein grünes Blatt eingewickelt und färbt beim Kauen die Zähne rot. Der Saft wird nicht runtergeschluckt, sondern ausgespuckt, so sieht man alle paar Meter einen Birmanen am Spucken, entweder auf dem Gehsteig, oder aus dem Auto oder dem Bus raus, und wenn gerade kein Asphalt verfügbar ist, dann eben in eine Tüte. Je grösser die Lache am Boden, desto besser. So ist auch sehr viel vom Asphalt verfärbt, vor allem im Bereich vor Ampeln.
Die Frauen haben weisse Zeichnungen auf der Haut. Thanaka, so heisst das Zeug ist Schminke oder, wenn übers ganze Gesicht aufgetragen, Sonnenschutz.

Yangon
Da wir morgen weiter nach Bagan wollen, müssen wir schon heute ein Busticket organisieren. Zu unserer Enttäuschung ist es am Busschalter gleich teuer wie im Hotel. Um das ganze zu bezahlen brauchen wir mehr Kyat (Währung Myanmar). Wo sind nur heute all die Schwarzmarkthändler, die uns gestern schon etwas mit ihrem "change money" genervt haben? Wir stehen nur kurz unschlüssig da, werden wir auch schon angesprochen. In seinem Büro (Stand am Strassenrand) bringt sein Freund nach einem kurzen Anruf paar Bigeli Geld. 360 eintausender Scheine sollen wir erhalten für unsere 300 Dollar. Gemütlich fangen wir an zu zählen. Zur Ablenkung stellen sie ein paar Fragen (inzwischen sind sie zu dritt), legen mal 6 weitere Scheine auf unseren gezählten Stapel und fragen weiter. Wir sind aber ein gutes Team und Rotsch ein aufmerksamer Rechner und so entsteht der Deal. Nun sind wir reich mit unseren 360'000 Kyat und kaufen nebenan unser Busticket nach Bagan.

Nach der eindrücklichen Shwegadon-Pagode (gukst du Bildli) mit interessanter Führung schauen wir uns noch den gigantisch grossen ruhenden Buddha an. Dort bekommen wir auch noch eine Führung durchs Kloster, hören Geschichten, können unsere Fragen beantworten lassen und werden zum fötelen aufgefordert.

Bagan
Bagan gefällt uns auf Anhieb sehr gut. Es ist schön ruhig hier und wir erkunden mit unserem Mietvelo die Tempelstadt. Ich bin auf Anhieb Fan vom Körbli und packe sofort Getränk und Food rein. Werde mir wohl in Bern auch so eines leisten. Fischer Tinu weiss ja sicher, wo man die kriegt :-)
Die Strassen sind löchrig, die Nebenstrassen sandig und mit unserem 1-Gang Velo nicht gerade unanstrengend bei den Temperaturen, keine Radlerhosen, keine Klickis, und dennoch, Rotsch macht auch gleich sein Velotraining, damit er nicht zu sehr im Rückstand zu Bluemi ist.

Ich habe mein Training danach. Rotsch hat einen Platten eingefangen und ich muss ihn nach Hause fahren. Welches war nun wohl das bessere Training, hä?

Wir geniessen die Ruhe in vollen Zügen, es gibt niemanden, der unser Freund sein und uns was verkaufen will. Bis bei einer Pagode ein altes Mannli erscheint, und beginnt von "500 ich-verstehe-nicht-was" zu sprechen. Wir flüchten hinter den Tempel, doch es kommt die Einsicht, dass es sich erstens um ein altes Mannli handelt, und er alleine ist. Wir sind stärker, deshalb sprechen wir ihn an. Dabei stellt sich heraus, dass er quasi der Hüter des Tempels ist, und bei Interesse die Gittertür öffnet, damit man sich darin umsehen kann, und er einem sogar noch Informationen in sehr gebrochenem Englisch geben kann. Er will gar kein Geld, sondern meint nur: "Some tourists, they don't have money, they don't give money, some tourists they have money, they give money, I take". Und strahlt uns mit seinen verkümmerten und betelrotgefärbten Zähnen an. Er hat sich ein kleines Trinkgeld verdient.

Minibusfahrt
Mit einem Minibus gehts weiter nach Mandalay. Alles Gepäck, was nicht gerade wenig ist, wird auf dem Dach aufgebunden. Wir setzen uns auf unsere Sitze, im Gang kommen noch paar Kisten rein. Die Tür bleibt offen und die 2 Gepäckschnürijungs surfen auf dem Trittbrett, um potentiellen Passagieren den Zielort zuzurufen. Die Sitzplätze sind nun alle besetzt und wir können zufahren - denken wir.... Vergiss es. Da gibts ja noch ganz viel Platz auf den Kisten im Mittelgang, auf der Bank hinter dem Fahrer, den kleinen zuätzlichen Platik-Stühlen (wo noch keine Kisten stehen) und die letzten nehmen klaglos auf dem Dach platz. Bei den diversen Bislihalten finden wir nun auch eine Antwort auf unsere Frage, ob die Männer unter ihren Longhis wohl Unterhosen tragen. Nö, die Frauen übrigens auch nicht.

Hsipawv
Nach 1/2 Tag Stadt Mandalay gehts schon weiter in die Berge. Unser Hotel hat Taxi, Bus und Hotel in Hsipaw organisiert und wir werden um 6 Uhr abgeholt weil unser Bus um 6.30 fährt. Im nirgendwo steht ein alter Bus, voll beladen. Wir klettern über Bananenblätterkörbe und Mehl zu unseren Plätzen. Nach 5 Minuten Fahrt gibt es für den Chauffeur und den einen Mitfahrer erst einmal Kaffeehalt. Am Busbahnhof warten wir danach noch bis 8 Uhr, bevor wir losfahren. Da nicht so viele Leute einsteigen, gönnen wir uns einen Doppelsitz, wobei mein ganzes Polster in den starken Kurven immer in den Gang rutscht. Die Busfahrt ist im Vergleich zu gestern extrem angenehm und landschaftlich sehr schön.
Wenn du Schweizer sehen willst, fahre in die Berge. In Hsipaw sind wir gerade ein paar und wir geniessen die 2 Tage mit Sandra und Elias und dem Malaysia-Schweizer Rolf, der viel zu erzählen hat, später kam noch Jean-Pierre aus Düdingen.
Wir spazieren in der Hitze zu einem Wasserfall, wo sich die 2 Jungs auch gleich im Seeli abkühlen, fressen uns durch die vielen Strassenstände, um die Leckereien (oder auch nicht) zu probieren, helfen Sandra bei ihrer Mandarinen-Vernichtung, suchen wie wild Ananas für Rotsch und Wein für uns Frauen und machen damit Hotelgäste gluschtig, die nach unserem Geheimtipp, wo man Ananas findet, auch mit der süssen Frucht aufkreuzen. Übrigens, eine Ananas kostet etwa 20 Rappen, was eher viel ist, da gerade nicht Ananas-Saison ist.

Zugfahrt
Mit dem Zügli gehts wieder runter nach Mandalay. Es gibt normalerweise 3 Klassen, wobei auf dieser Strecke nur zwei verfügbar sind: Ordinary und First class (die noch bessere wäre Upper class). Wir entscheiden uns für die First class, welche gleich doppelt so viel kostet wie die Ordinary class, man kriegt aber auch sensationell viel mehr komfort geboten: Wir haben ein dünnes Polster auf den Holzbänken. Bei den langen Stopps (10 Minuten bis 2 Stunden) kommen die Frauen immer mit ihren Leckereien vorbei, die man durchs Zugfenster kaufen kann. Verhungern tut man nicht, aber einen Business-Termin kann man mit dem Zug nun wirklich nicht wahrnehmen, für die knapp 200 Kilometer haben wir schlappe 13 Stunden gebraucht (mit dem Bus waren`s 7 Stunden)!

Kalaw
Es zieht uns gleich wieder in die Berge und so fahren wir noch am gleichen Abend nach Kalaw. Hier ist es wieder schön ruhig und wir können durch die Strassen gehen ohne dauernd angesprochen zu werden. Heute ist Organisationstag. Wir suchen den uns empfohlenen SAM Trekking auf und sind nicht enttäuscht. Sam selbst berät uns und wir buchen 2 1/2 Tage Trekking bei ihm. Über Hügel, durch Wälder, vorbei an Seen und durch Bergdörfer soll es gehen. Übernachtet wird im Dorf bei einer Familie und wenn Sam sicht nicht im Datum irrt, können wir sogar an einem Hochzeit teilnehmen (er hat sich allerdings geirrt). Wir sind gespannt und freuen uns auf die Bewegungstage.

Trekking
Um 8 Uhr begrüssen wir unsere 2 Trekkingguides. Ten Nine, unser Führer und Coconut, unser Koch. Es wird schon warm als wir das Dorf verlassen und schnell auf staubigen und immer schmäler werdenden Pfaden laufen. Rotsch wünscht sich schon nach kurzer Zeit ein Bike für die Strecke. Ich bin froh, dass dies hier noch nicht verbreitet ist. Die ersten gut 4h Wanderung sind sehr kurzweilig und schon bald sind wir in unserem Dorf, wo wir die Nacht verbringen. Unsere Gastfamilie spricht kein Wort Englisch, ist aber sehr freundlich. Wir werden lecker bekocht und machen nach unserem Mittagsschläfchen eine 2h Tour zu nahen Dörfern und auf einen Hügel, um den Sonnenuntergang zu geniessen.
Hier essen die Bergleute rund ums Feuer in der Küche zu Abend, gehen von 7h - 8h zum Dorffernseher koreanisches Fernsehen schauen und danach ist Bettruhe. So liegen auch wir kurz nach 8 Uhr auf unserem Bodenbett und schlafen rasch ein.
Der zweite Tag vergeht wieder im nu. Berg rauf und runter, durch verwilderte Wälder, am See entlang, durch Matsch und früh am Abend erreichen wir das nächste Dorf. Die ganze Familie ist extrem gastfreundlich und alle sprechen sogar etwas englisch. Wir können eine kalte Dusche (= sich Wasser mit Kübeln übergiessen, brrrr) nehmen und erhalten von der jungen Tochter einen lustigen Dorfrundgang.

Es waren intensive 2 Wochen in Myanmar, obwohl wir einige (touristische) Highlights gar nicht sehen konnten, aber wir haben einiges vom Leben der Birmanen gesehen, wenn sicher auch nicht alles. Die sichtbare Armut, die Infrastruktur in einem desolaten Zustand, wobei für die vielen Pagoden viel Geld investiert wird, damit sie in Schuss bleiben, vollgepackte Pickups und Busse (mit Menschen und Waren, und wir mittendrin ;-), angenehmen und weniger angenehmen Düften, Trockenheit bzw. Wasserknappheit, viel Staub, Leben wie bei uns vor 50 oder vielleicht sogar vor 100 Jahren? Ochsenkarren, offene Feuer in Holzhäusern als Wärmequelle und Kochgelegenheit, kein fliessendes Wasser, kein oder nur teilweise Strom. Und dann noch eine unpassende Regierung, die nicht fähig ist, das Potential des Landes auszunützen, und der Bevölkerung ein normales Leben zu ermöglichen. Und dennoch hatten die Leute ein Strahlen in den Augen als sie uns sahen, hatten Freude mit uns sprechen zu können (mit Englisch kommt man relativ gut durch), und waren überglücklich, wenn wir ihnen sagen konnten, dass ihr Land schön sei und die Leute freundlich seien.