Grenzübertritt Iran - Türkei
Nun haben wir ja schon einige Grenzübergänge über Land hinter uns und viel kann uns eigentlich nicht mehr erschüttern. Wobei wir eigentlich nie ans schlimmste denken, sondern eher im Gegenteil uns vorstellen, wie glatt doch der nächste Grenzübergang von statten gehen wird, vor allem wenn es mitten in der Nacht ist. So auch vom Iran in die Türkei, brauchen doch die Bürger beider Länder kein Visa und wir als Schweizer können auch visumsfrei in die Türkei einreisen (juhee).
Und eigentlich geht auch alles aalglatt, nur dass das gesamte Prozedere über fünf Stunden dauert, so lange verbringen wir nämlich mitten in der Nacht zwischen dem Iran und der Türkei.
Mit dem Bus, der uns von Tabriz (Iran) bis nach Erzurum (Türkei) fahren wird, kommen wir an der Grenze an. Alle Passagiere müssen aussteigen und mit ihrem gesamten Gepäck aus dem Iran "ausreisen". Die Iraner lassen uns binnen fünf Minuten ausreisen, und als wir mitsamt unserem gesamten Gepäck vor dem türkischen Tor stehen, heisst es lediglich, dass wir auf den Autobus warten müssen. Aha. Ok, ziehen wir uns zurück und warten.
Es geht sehr langsam voran, die Tore (es gibt tatsächlich zwei Tore innerhalb von 2 Metern, ein iranisches und ein türkisches) öffnen nur zweimal pro Stunde, und jedes Mal können nur zwei Reisebusse sowie eine handvoll Autos passieren. Was auf der türkischen Seite passiert, können wir nicht sehen. Jedenfalls stehen noch etwa 6 bis 8 Busse vor unserem Bus, rechnen könnt ihr selber.
Wir kamen um etwa 2 Uhr morgens an der Grenze an, wir haben uns noch in Tabriz gefragt, ob wir schon dort das restliche iranische Geld wechseln sollen, mitten in der Nacht ist doch an der Grenze nix los und alles geschlossen (bedenke, kasachische Grenzbeamten arbeiten montags bis freitags, von 8 bis ca. 17 Uhr und machen mittags noch mindestens eine Stunde Mittagspause). Denkste, ein Riesenbetrieb!
Nebst den Reisenden warten noch eine Vielzahl von Händlern darauf, dass sie die Grenze überqueren können. Diese haben eine riesen Menge an Waren mit und sind erstaunlicherweise nicht motorisiert. Die Waren sind in grosse Säcke abgepackt und so schwer, dass vier Mann sie nur mühevoll tragen können bzw. ein Mann es alleine nicht schafft, einen solchen Sack ohne Hilfe auf den Buckel zu hieven. Jedenfalls sind diese Männer in einem grossen Stress, da sie von den iranischen Grenzbeamten nicht zu Fuss über die Grenze gelassen werden, keine Ahnung warum. Es kommt immer wieder zu tumultartigen Szenen. Sobald das Tor aufgeht, packen sie einen Sack und versuchen, über die Grenze zu gelangen. Das funktioniert jeweils ein paar Augenblicke bis die zwei Grenzwächter rigoros einschreiten. Es ist harte Arbeit, zu allem Übel regnet es noch, so dass die viele Händler klatschnass sind, und dies mitten in der Nacht bei nicht gerade angenehmen Temparaturen. Zwischendurch gelingt es ein paar listigen Vögeln, dass Tor einen Spalt weit zu öffnen, und dann geht der Run wieder los.
Nachdem wir etwa 4 Stunden auf der iranischen Seite gewartet haben, kann auch unser Bus endlich die Grenze überqueren, das Gepäck haben wir wieder unten verstaut. Überqueren bedeutet allerdings: Tore auf, Bus rüber, Tore zu und wir wieder aussteigen. Wir sind sagenhafte 50 Meter weitergekommen! Das Gepäck dürfen wir gnädigerweise im Bus lassen, dafür müssen wir uns in die Schlange einreihen. Etwa 100 Personen stehen da, und genau ein Beamter kontrolliert die Pässe. Wieviele Einwohner hat die Türkei schon wieder?
Schmuggler in Aktion
Während wir warten, kontrollieren andere Beamten den Bus vor allem das Gepäck. Unsere Rucksäcke wollen sie dann doch noch näher begutachten und deshalb müssen wir hingehen, damit wir sie öffnen. Ein riesen Trara und reingucken tun sie dann eine halbe Sekunde. Die Wartezeit können wir dem Beobachten von amüsanten Schmuggel-Aktionen verkürzen, nicht umsonst reisen wir ja schon seit Xi'an (das liegt in China, dort haben wir Sib und Fri verabschiedet) auf der Seidenstrasse. Und das geht so:
Stelle dir die Örtlichkeit vor wie bei einer Mautstelle auf der Autobahn, davor stehen die Reisebusse und die paar Autos, die gerade abgefertigt werden. Nach der Kontrolle dürfen die Fahrzeuge die "Mautstelle" passieren. Die Passagiere aus den Bussen gehen ganz links durch die Fussgänger-Mautstelle, in diesem Kabäuschen sitzt ein Beamter und kontrolliert die Pässe. Die Fahrzeuge passieren diesen in dessen Rücken.
Genau ein Grenzbeamter kontrolliert diese PKWs (und dies relativ gründlich, so muss auch die Motorhaube geöffnet werden) und während ein Fahrzeug genau untersucht wird, räumen die Schmuggler ihre Benzinkanister aus den anderen Autos und tragen sie unbehelligt weg, genau, durch die Mautstelle hindurch, und kommen dann mit einer Unschuldsmiene zurück. Der grösste Kanister (20 Liter) war im Motor versteckt, fällt ja nicht auf, dass da was fehlt. Und die Kanister werden nicht etwa unter dem Pullover versteckt, sie werden einfach durchgetragen. Was dann vor allem amüsant ist, ist die eigentliche Kontrolle. Der Schmuggler zeigt dem Beamten sein Auto schon fast zu verdächtig gerne, in der Art: "Ja, ja, schau nur genau hin, ich habe nix zu verbergen".
Wir finden all dies ein bisschen grotesk und fragen uns, ob das nur Alibi-Kontrollen sind. Dort wo nichts zu erwarten ist, wird kontrolliert, und das was gefunden werden soll, wird vor unseren Augen in Sicherheit gebracht. Die Türken scheinen jedenfalls schon zu üben, denn dieser Grenzübergang könnte immerhin dereinst eine Schengener Aussgengrenze werden!
In der Zwischenzeit werden nun auch unsere Pässe kontrolliert. Ein bisschen nervös sind wir ja schon, ob der Junge wohl weiss, dass Schweizer kein Visum brauchen? Das ist im Übrigen nicht für alle Länder Europas gleich, Österreicher brauchen z.B. ein Visum (welches sie allerdings an der Grenze erhalten). Nun, er scheint sich mehr für all die anderen Visas in unseren Pässen zu interessieren ("ohhh, Vietnam, ahhhh China), und erst dann macht er sich daran, die Formalitäten zu erledigen.
Wie bereits erwähnt, fünf Stunden verschlingt der Grenzübertritt, aber zum Glück müssen wir die Uhren noch 1.5 Stunden zurückstellen, so dass wir wieder voll im Zeitplan sind.